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Verhandlungen führen kann bisweilen unangenehmer sein als ein Zahnarztbesuch – die bohrenden Fragen eines Einkäufers haben schon manch Verkäufer ins Schwitzen gebracht. Das Ausmaß des Schmerzes haben Sie allerdings selbst in der Hand: Mit entsprechender Vorbereitung bleiben Sie gelassen, selbst wenn Ihnen penibel auf den Zahn gefühlt wird. Die Planung eines Verhandlungsgesprächs zählt daher zu den Grundfertigkeiten jedes Verkäufers. Lesen Sie in diesem Beitrag, welche Fragen Sie sich unbedingt stellen sollten, damit Sie in Zukunft professionellere Verhandlungen führen.
1. Welche Verhandlungsposition habe ich überhaupt?
Zu allererst sollten Sie sich über Ihre Verhandlungsposition im Klaren sein. Sie werden heute kaum der Einzige am Markt sein, der das Produkt, die Dienstleistung oder auch die Fähigkeit besitzt, die der Kunde will. Zumeist ist daher Ihr Kunde in der günstigen Position, zwischen verschiedenen Anbietern wählen zu können.
Mittelfristig können Sie Ihre Verhandlungsposition selbst beeinflussen. Kürzlich erhielt ich eine Anfrage für eine besondere Dienstleistung, eine Keynote in Englisch. Weil das mit viel Aufwand verbunden ist, wollte ich den Auftrag eigentlich vermeiden. Was tut man, um Kunden elegant loszuwerden? Richtig, man nützt die Möglichkeit des Preises. Ich habe also meinen Tagessatz verdoppelt und bin davon ausgegangen, aus dem Geschäft zu sein. Zwei Tage später war der Auftrag da. Was ich Ihnen damit verdeutlichen will: Sie werden wesentlich gelassenere Verhandlungen führen, wenn Sie auf den Kunden ebenso gut auch verzichten könnten. Tun Sie genug dafür, um in einer derartigen Verhandlungsposition zu sein?
2. Welches Verhandlungsziel habe ich? Was ist mein Minimalziel?
Ein Marathon ohne Zieleinlauf? Unvorstellbar. Bevor Sie Verhandlungen führen, ist es daher unbedingt notwendig, Verhandlungsziele abzustecken! Überlegen Sie, wo Ihr absolutes Minimalziel liegt. Das Minimalziel ist Ihre rote Linie. Wird sie überschritten, dann ist der Punkt erreicht, an dem Sie aufstehen und gehen. Ansonsten werden Sie von Ihren Verhandlungspartnern weichgekocht.
3. Welches Ziel wird mein Gegenüber haben?
Ihr Verhandlungspartner will in aller Regel mehr erreichen, als Sie abgeben wollen – das ist völlig normal. Welche Ziele Ihr Gegenüber haben könnte, darüber sollten Sie sich schon vor der Verhandlung Gedanken machen, um Ihre Verhandlungsstrategie darauf abzustimmen.
4. Wer nimmt an der Verhandlung teil?
Wer wird Ihnen während der Verhandlung gegenübersitzen? Werden es zwei, drei oder auch mehr Personen sein? Seien Sie darauf vorbereitet, dass Sie es möglicherweise mit einem ganzen Einkäufer-Gremium zu tun haben. Das kann sich anfühlen wie eine Prüfungssituation und diese Wirkung ist selbstverständlich beabsichtigt. Beliebt sind auch Rollenspiel-Techniken wie die Good-Guy-Bad-Guy-Taktik.
5. Wer begleitet mich?
Um solchen Taktiken angemessen zu begegnen, benötigen Sie Verstärkung: Schwierige Verhandlungen führen Sie besser im Team als allein. Wenn Ihr Partner eine Beobachterrolle und damit eine distanzierende Haltung einnimmt, kann er Sie davor bewahren, sich von den Einzelheiten der Verhandlung völlig einnehmen zu lassen und das große Ganze aus den Augen zu verlieren.
6. Was werde ich präsentieren?
Ein zentraler Punkt Ihrer Vorbereitung betrifft Ihre Präsentation. Wie werden Sie den Kundennutzen darstellen? Denken Sie an das Bild einer Waage: Die Waage ist eines der ältesten Handelsinstrumente und man hat sie bereits in der Antike benutzt, um faire Abschlüsse zu ermöglichen. Wenn Sie Verhandlungen führen, schlägt die Waage sinnbildlich in zwei Richtungen aus: Ihr Gegenüber wird alles ihm Mögliche tun, um die Waage zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Er wird Argumente auf die Waagschale legen, die Ihre Leistungen oder Produkte in schlechterem Licht erscheinen lassen. Um die Waage anschließend wieder ins Lot zu bringen, benötigen Sie die Fähigkeit, den Kundennutzen exzellent zu präsentieren.
Viele Verkäufer machen den Fehler, die Vorzüge ihres Produkts oder ihrer Dienstleistungen nur in schöne Worte zu verpacken. Eine wesentlich bessere Verhandlungsposition haben Sie, wenn Sie den Kundennutzen auch in nackte Zahlen gießen können! Ich erinnere mich an eine meiner härtesten Verhandlungen, die ich während meiner aktiven Zeit im Vertrieb geführt habe: Der Kunde war ein aktiennotiertes Unternehmen mit exzellenten Einkäufern, die ihre Lieferanten gepresst haben bis zur bitteren Neige. Unsere Margen waren extrem niedrig, bei bestimmten Nischenprodukten lagen sie allerdings bei 10 Prozent und das war unser Joker. Nun haben wir festgestellt, dass der Kunde bei diesen Nischenprodukten nur etwa 30 Prozent seines Einkaufsvolumens bei uns bezogen hat. Damit konnten wir ihm folgendes Angebot machen: Er gibt uns auch die restlichen 70 Prozent, dafür kommen wir ihm preislich entgegen. Wir konnten auf diese Weise unseren Umsatz verdreifachen, wobei die Marge von 10 auf 7 Prozent sank. Für den Kunden ergab sich ein Gewinn von 3 Prozent. Möglich war dieses exzellente Verhandlungsergebnis nur, weil wir unsere betriebswirtschaftlichen Kennzahlen so gut kannten.
7. Wo liegen meine Schwächen?
Neben Ihren Stärken sollten Sie auch Ihre Schwächen kennen – sowohl die Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung als auch Ihre eigenen. Sind Sie aufbrausend, zu nachgiebig, lassen Sie sich leicht verunsichern? Dann wählen Sie für schwierige Verhandlungen einen Partner, der Sie gezielt in diesen Punkten unterstützen kann.
8. Welche Konfliktstile erwarte ich?
Fragen Sie sich auch umgekehrt: Wie steht es um die Stärken und Schwächen Ihres Gegenübers, wie wird er in heiklen Situationen reagieren? Seien Sie auf gezielte Provokationen oder Manöver Ihres Gegners vorbereitet und überlegen Sie sich geeignete Strategien, darauf zu reagieren.
9. Wo kann ich Zugeständnisse machen?
Wenn Sie Verhandlungen führen, wollen Sie gewinnen – völlig klar. Manchmal müssen Sie zu diesem Zweck auch Ihrem Gegner Teilsiege zugestehen. Schließlich braucht der Einkäufer gewisse Verhandlungserfolge, um sie seiner Geschäftsleitung zu präsentieren. Für sein Ego will er vielleicht als gefühlter Sieger aus der Verhandlung hervorgehen. Überlegen Sie sich daher, wo Sie sich Spielräume verschaffen können und welche Zugeständnisse Ihnen am wenigsten Schmerzen bereiten.
10. Wo mache ich Schluss?
Ihre Schmerzgrenze sollten Sie allerdings klar definieren: Wie schon erwähnt benötigen Sie rote Linien in Form von Minimalzielen, die Sie keinesfalls überschreiten. Wer erfolgreich Verhandlungen führen will, muss auch bereit sein, an einem bestimmten Punkt aufzustehen und zu sagen: „Tut mir leid, hier trennen sich unsere Wege.“
Verhandlungen führen will geübt sein
Wichtig ist mir, Ihnen, liebe Leser, folgendes zu vermitteln: Verhandlungsgeschick ist kein Zauberwerk, sondern besteht zu einem Großteil in erlernbaren Fertigkeiten! Eine dieser Fertigkeiten ist die sorgfältige Planung und Vorbereitung von Verhandlungen, die Sie anhand dieser 10 Leitfragen ganz einfach vornehmen können. Darüber hinaus rate ich Ihnen, schwierige Verhandlungen im Vorfeld zu simulieren – auch Spitzensportler gehen schließlich niemals unvorbereitet an den Start. Sie werden auf diese Weise wesentlich professionellere Verhandlungen führen und sind bestens gerüstet, um auch in heiklen Situationen ruhig und gelassen zu bleiben.
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