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Verhandlungen können wie Prüfungen sein: Ähnlich wie in der Schule oder an der Uni sitzt da ein ganzes Gremium am Tisch, guckt streng und stellt kritische Fragen, während Sie sich um Kopf und Kragen reden. Und es steht einiges auf dem Spiel: Vielleicht „nur“ der nächste Abschluss, vielleicht Ihre Gehaltserhöhung, vielleicht Ihr Verbleib in der Firma. Kein Wunder, dass viele Verkäufer ein flaues Gefühl im Magen befällt, wenn sie nur an die nächste Verhandlung denken. Und genau hier liegt bereits eine wesentliche Ursache für Misserfolge. Lesen Sie, welche persönlichen Fähigkeiten Sie zum erfolgreichen Verhandeln unbedingt benötigen – und von welchen hinderlichen Einstellungen Sie sich befreien sollten.

Verhandlungen führt man, um zu gewinnen

In meinen Workshops zum Thema Verhandlung sind es immer wieder ähnliche Kernfragen, die meine Seminarteilnehmer bewegen: Wie kann ich ruhig und entspannt in Verhandlungen gehen, und vor allen Dingen, es auch während der Verhandlung bleiben? Und wichtiger noch: Wie kann ich erfolgreich aus Verhandlungen hervorgehen?

Klären wir zunächst, was erfolgreiches Verhandeln überhaupt bedeutet. Viele glauben, dass es darum gehe, eine Win-to-Win-Situation zu erzielen. Tatsächlich? Wenn Läufer bei den Olympischen Spielen antreten, werden sie kaum das Ziel verfolgen, gleichzeitig über die Ziellinie zu laufen, sondern jeder von ihnen will gewinnen. Ähnlich ist es im Geschäftsleben. Dass auf dem Weg zum Verhandlungssieg gewisse Win-to-Win-Situationen entstehen, ist in bester Ordnung. Denn selbstverständlich streben wir keinen Sieg um jeden Preis an, sondern einen nachhaltigen Sieg, bei dem die gute Geschäftsbeziehung erhalten bleibt.

Müssen kann wollen töten – Motivation statt Druck

Der Schlüssel zum Verhandlungserfolg sind die beiden magischen E-Worte, die viele meiner Leser bereits gut kennen: Effektivität und Empathie. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun. Dabei zählen Fertigkeiten, die sich erlernen lassen, wie etwa die Wahl geeigneter Verhandlungsstrategien. Mindestens ebenso wichtig ist die Fähigkeit zur Empathie, also das Vermögen, sich auf Ihr Gegenüber innerlich einzustellen.

Haben Sie Kinder? Sicherlich kennen Sie die alltäglichen Verhandlungen um Hausaufgaben, das Aufräumen des Zimmers und Ähnliches. Wenn Sie in so einer „Verhandlung“ zu viel Druck ausüben, wird die Stimmung zwischen Ihnen beiden in den Keller sinken und das Zimmer unaufgeräumt bleiben. Das Prinzip „Müssen kann wollen töten“ gilt ebenso für erwachsene Verhandlungspartner. Besser als Druck auszuüben ist es daher, Ihr Gegenüber mit Nachdruck zu Ihren Zielen zu motivieren. Genau dazu benötigen Sie Empathie.

Was hindert Sie am Verhandlungserfolg?

Der erste Schritt zu besseren Verhandlungsergebnissen besteht darin, typische Ursachen für Misserfolge aufzuspüren. Wenn Verkäufer mit einem unguten Gefühl in Verhandlungen gehen und sie mit schlechten Ergebnissen beenden, hat das häufig eine gemeinsame Ursache: mangelnde Konfliktfähigkeit.

Jede Verhandlung ist ein Sachkonflikt: Es gibt zwei Parteien, die unterschiedliche Ziele, vielleicht auch unterschiedliche Ansichten haben, und beide wollen ihr Ziel erreichen. Vielen Menschen fällt es schwer, auf der Sachebene zu bleiben. Wird das Gesprächsklima rau, der Tonfall schneidend, dann ist aus dem Sachkonflikt ein Beziehungskonflikt geworden.

Guter (Konflikt-)Stil ist erlernbar

Fahren Sie keine unnötigen Beziehungskonflikte hoch! Nur auf der Sachebene werden Sie zu guten Verhandlungsergebnissen gelangen. Um Sachkonflikte zu lösen, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen – man nennt sie auch Konfliktstile. Wir können es auch im Alltag beobachten: Jeder von uns hat gewisse Präferenzen, wie er einen Konflikt zu lösen versucht. Konfliktvermeider tun alles, um einem Konflikt von vornherein aus dem Weg zu gehen. Andere neigen dazu, bei jedem Konflikt nachzugeben. Sowohl Vermeiden als auch Nachgeben sind beim Verhandeln zumeist ungeeignete Strategien.

Eine Alternative dazu ist das Durchsetzen, das heißt, ich trete dominant auf und beharre auf meinem Standpunkt. Dieser Konfliktstil scheint erfolgversprechender als Nachgeben, er kann in manchen Situationen zum Verhandlungsabbruch führen. Eine Alternative dazu ist der Kompromiss: Beide Seiten rücken von ihren ursprünglichen Zielen ab und versuchen sich in der Mitte zu treffen. Vorsicht: Ihr Gegenüber kann Sie zu „faulen“ Kompromissen verführen, indem er von vornherein mit überzogenen Forderungen an den Start geht! Die schwierigste und zugleich auch reifeste Art der Konfliktbewältigung ist die Integration: Anstatt auf Positionen zu beharren, versucht man, neue Ziele abzustecken, von denen letztlich beide Konfliktparteien profitieren.

Die große Kunst im Umgang mit Konflikten besteht darin, alle fünf Konfliktstile sicher zu beherrschen und – ähnlich wie in einem Boxwettkampf – Ihre Strategie spielerisch an die des Gegners anzupassen. Wenn Sie diese Fähigkeit besitzen, werden Sie innerlich ruhig in jede Verhandlung gehen. Kennen Sie Ihren persönlichen Konfliktstil? Mit diesem Test finden Sie heraus, zu welchem Grundmuster Sie neigen!

Die wahre Ursache von Beziehungskonflikten

Ebenso wie jeder Mensch zu einem für ihn typischen Konfliktstil neigt, ist auch unsere Persönlichkeit von einem bestimmten Grundcharakter geprägt. Das DISG-System, über das Sie in diesem Beitrag mehr erfahren, ist eine gute Basis, um Ihr Gegenüber besser einzuschätzen. Menschenkenntnis verschafft Ihnen sowohl im Beruf als auch im Privatleben handfeste Vorteile: Denn wenn Sie die Signale anderer falsch deuten oder selbst die falschen Signale setzen, beschwören Sie häufig einen Beziehungskonflikt herauf.

Ein häufiges Szenario: Viele Verkäufer entsprechen dem initiativen oder „sonnengelben“ Typus, sind eloquent, können wunderbar Geschichten erzählen und setzen sich dabei weniger gern mit Detailfragen auseinander. In einer Verhandlung treffen Sie häufig auf gewissenhafte „eisblaue“, also sehr fakten- und zahlenorientierte Einkäufer, die persönliche Nähe eher ablehnen. Fast unvermeidlich kommt es zu einem Beziehungskonflikt: Der Verkäufer fühlt sich emotional zurückgewiesen, der Einkäufer wiederum glaubt, er werde mit flapsigen Geschichten um den Finger gewickelt.

Verhandeln im Chamäleon-Stil

Um einen besseren Draht zu Ihrem Verhandlungspartner zu finden, sollten Sie den fliegenden „Farbwechsel“ – ähnlich wie ein Chamäleon – beherrschen. Nur wenige wissen, dass der Farbwechsel dieser Tiere außer zur Tarnung auch der Kommunikation mit Artgenossen dient. Indem Sie Ihren Gesprächspartner spiegeln, beweisen Sie Empathie und werden in jeder Verhandlung ein besseres Gesprächsklima erreichen.

Wenn der Misserfolg vorweggenommen wird

Hinterfragen Sie darüber hinaus Ihre inneren Glaubenssätze! Als Verkäufer im B2B-Geschäft kennen Sie sicher folgende Situation: Sie sprechen beim Kunden zunächst mit Mitarbeitern der Fachabteilung. Ihre Präsentation ist ein voller Erfolg: Der Kunde hat einen entsprechenden Bedarf, er braucht daher Ihre Hilfe, und Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung kann seine Probleme lösen. Sie sind beide glücklich und fühlen sich wunderbar.

Und dann gilt es noch eine kleine Mühle zu bewältigen: Sie müssen mit dem Einkauf sprechen, der das Produkt letztendlich kauft. Als erfahrener Verkäufer wissen Sie: Das wird kein Kinderspiel. Mit welcher inneren Haltung gehen Sie in die Verhandlung? Oft ist es von vornherein ein schlechtes Gefühl: Sie befürchten, dass Ihnen der Typ vom Einkauf Ihren Erfolg wieder nehmen wird. Wer mit einer solchen negativen Grundeinstellung in die Verhandlung geht, wird zielsicher auf den vorweggenommenen Misserfolg zusteuern.

Verhandlungssicherheit ist erlernbar

Die wichtigsten Ursachen für Misserfolge in Verhandlungen haben wir identifiziert: mangelnde Konfliktfähigkeit, ein unpassender Konfliktstil und die Unfähigkeit, sich auf die Persönlichkeit des Gegenübers einzustellen. Umgekehrt bedeutet das, dass Sie über die Fähigkeit verfügen sollten, Konflikte flexibel auf der Sachebene zu lösen und mit hoher Empathie auf Ihren Gesprächspartner einzugehen. Um effektiv zu verhandeln, benötigen Sie selbstverständlich auch entsprechende Fertigkeiten und Werkzeuge. Mehr zum Thema Verhandlungsstrategien lesen Sie im kommenden Beitrag.

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